Handballumschau NW Bielefeld (08.02.06)

Verkehrte Welt

Schiedsrichter beleidigt angeblich Spieler / Senne hat Aufstieg noch nicht aufgegeben

 

VON IVO KRAFT UND

GREGOR WINKLER

 

 

Für jeden Sportler ist es eine Selbstverständlichkeit, dass das Kräftemessen mit anderen Teams von geprüften neutralen Schiedsrichtern geleitet wird. Das war nicht immer so. Als man etwa Mitte des 19. Jahrhunderts anfing, Fußball zu spielen, leiteten die Mannschaftsführer der beteiligten Teams die Begegnung.

 

Nach einem Regelverstoß unterbrach der Kapitän der die Richtlinien missachtenden Partei das Spiel und gab es anschließend wieder frei. Was heute wahrscheinlich zu unkalkulierbaren Szenen führen würde, hat damals (meistens) geklappt. Obwohl im 20. und 21. Jahrhundert die Schiedsrichter für einen ordnungsgemäßen Ablauf des sportlichen Vergleichs sorgen, gibt es auch heute noch Spiele, die nach dem Geschmack der sportlich Handelnden besser ohne Referees stattgefunden hätten.

 

Dissens herrschte etwa am vergangenen Samstag in den Heeper Fichten. Im Kreisliga-A-Derby Ost/Fichte und Schildesche II (36:32) lagen die Gäste nicht auf einer Wellenlänge mit dem Schiedsrichtergespann. Nach einigen umstrittenen Pfiffen beschäftigten sie sich mehr mit den Unparteiischen als mit dem Gegner. „Eigentlich hat Schildesche uns ganz schön unter Druck gesetzt und dann hängen sie sich an ein, zwei Entscheidungen auf“, sagte Ost-Trainer Friedhelm Siefert.

 

Die Schildescher meinten sogar, dass einer der Unparteiischen einen ihrer Akteure beleidigt haben soll – verkehrte Welt! Nach einer umstrittenen Entscheidung hatte TG-Spieler Eric Niemeyer Schiedsrichter Karl-Heinz Hobohm mit einem längeren fragenden Blick bedacht. „Dann hat er Eric gefragt, ob etwas sei. Weil Eric wusste, dass er sowieso für zwei Minuten rausfliegt, wenn er etwas sagt, hat er geantwortet, dass nichts sei“, schilderte TG-Keeper Daniel Bertram.

 

Daraufhin habe Hobohm erwidert, dass er Niemeyers Ansicht teile und habe den Rückraumspieler zusätzlich mit einer Beleidigung bedacht. Hobohm hält sich in der Nachbetrachtung zurück: „Ich möchte dazu nichts sagen. Es ist ein schwebendes Verfahren.“ Die vorsichtige Haltung verrät zumindest, dass es tatsächlich hoch her gegangen sein muss. „Ich wurde hinterher als Lügner bezichtigt“, berichtete Bertram. Ein Mitspieler wurde wegen Schiedsrichterbeleidigung in den Spielbericht eingetragen. Jürgen Wendland ist erstaunt. „Das gibt es doch gar nicht. Das habe ich ja noch nie erlebt“, sagte der Kreisschiedsrichterwart, der den Vorkommnissen auf den Grund gehen wird.

 

Ost/Fichte bedankte sich mit einem Sieg im Abstiegskampf. Die Zone der gefährdeten Teams beginnt bereits beim Tabellenachten TuS 97 III (14:16 Punkte), umfasst sieben Teams endet beim derzeitigen Schlusslicht Brake II (6:26). Siefert: „Wir haben den Anschluss wiederhergestellt. Aber die anderen punkten ja auch fleißig.“

 

Im Titelkampf scheint in der Kreisliga A eine Vorentscheidung gefallen zu sein. Nach dem überraschenden Punktverlust gegen Eintracht Gadderbaum II unterlag das HT SF Senne nun gegen Spradow II und verlor damit Boden auf Eintracht Gadderbaum. Trotz des auf drei Punkte angewachsenen Rückstands hat Sennes Coach Helmut Block Platz eins noch nicht abgehakt. „Es sind ja noch zehn Spiele“, meint Block und wird auch daran gedacht haben, dass die Gadderbaumer besonders gern gegen vermeintlich schwächere Konkurrenz patzen.

 

Am Samstagabend noch am regen Meinungsaustausch in den Heeper Fichten beteiligt, stand Peter Boll (Schildesche II) tags darauf selbst im Fokus der Kritik. Der für Schröttinghausen als Referee antretende Boll pfiff die Bezirksliga-Partie TSG Altenhagen-Heepen II gegen Schildesche. Erneut hatte die TG eine schwache erste Hälfte. „Das müssen wir unbedingt abstellen. Ich weiß aber nicht, woran es liegt“, sagte Coach Sebastian Cuhlmann. In der Offensive fand der Aufstiegs- gegen den Abstiegskandidaten 40 Minuten lang kein Mittel, besonders gegen Nachwuchskeeper Pascal Welge nicht. Uwe Walter, Trainer der TSG II, gab zwar zu, dass sein Team sich das Leben anschließend selbst schwer gemacht habe. Trotzdem fand es Walter „reichlich merkwürdig“, dass ein Spieler der Reserve ein Spiel der Ersten leiten darf.

 

„Verdaddelt haben die das ganz alleine. Das haben auch Heeper Spieler betont. Außerdem war es nicht so, dass die Halle wegen unserer Fehlentscheidungen getobt hätte“, sagt Boll, der die TSG II mit vier Zeitstrafen wegen Trikotzerrens (zwei Mal), groben Foulspiels sowie eines Gesichtstreffers belegte. Erst als Walters Team einbrach und sich keine Formation fand, mit der die drohende Niederlage abgewendet werden konnte, „hat er sich irgendwann wieder mit meinem Gespannpartner und mir beschäftigt“.

 

 

Ob der Ärger wohl geringer ausgefallen wäre, wenn die Mannschaftsführer wie im 19. Jahrhundert die Spielleitung selbst übernommen hätten?

 

 

 

 © 2006 Neue Westfälische

Bielefelder Tageblatt (MW), Mittwoch 08. Februar 2006

 








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